Bericht

Erfolge unserer Arbeit in Kenia

von Christiane Welk – 15.08.2013

Mediation

James ist von Anfang an bei unseren Kursen dabei, hat mitgearbeitet, gedolmetscht und mit uns – und wir mit ihm- Höhen und Tiefen in diesen Jahren erlebt.

Er arbeitet als - ehrenamtlicher - Lehrer in einer privaten Primary School (einer Art Kindergarten und Grundschule), konnte durch uns eine Ausbildung zum Lehrer besuchen, die er im Dezember abschließt, um dann für seine Arbeit auch bezahlt zu werden und gilt in seiner Gemeinde als "elder people", als jemand, der in schwierigen Fragen zu Rate gezogen wird.

Er wollte an unserem Training teilnehmen, war auch schon da und ist nach einem Anruf per Handy wieder weggegangen. Er kommt nach einer dreiviertel Stunde zurück mit folgender Geschichte, die sich beim Assisstent-Chief (einem Verwaltungsbeamten, entspricht in etwa einem stellvertretendem Bürgermeister) zugetragen hat:


2 Nachbarn gerieten in Streit, einer von beiden war zu dem Chief gegangen und hatte den Vorfall angezeigt, der andere war ihm mit einer Panga (Buschmesser) in der Hand gefolgt. Für die Anzeige sollte der Bedrohte 200 KSH zahlen. Beide waren in Rage, als James dazukam. James überlegte nicht lange, hörte erst dem einen empathisch zu, versuchte Gefühle und Bedürfnisse herauszufinden, so lange bis dieser mit seinem Schmerz vollständig gehört worden war.
Dann wandte er sich dem anderen zu und hörte auch hier zu bis Gefühle und Bedürfnisse gesehen worden waren. Nun waren die beiden bereit einander zuzuhören. James vermittelte und bedachte dabei, dass dem Ankläger, der den Fall ja zur Polizei weitertragen wollte, ein langer, möglicherweise sehr teurer Prozess erwarten würde.
Nach kurzer Zeit konnten sie sich einigen: Sie wollten den Fall unter sich lösen, der "Angeklagte" war bereit, die 200 KSH an den "Ankläger"! zum Ausgleich zu zahlen! und nicht das Risiko eines Prozesses einzugehen. Beide gingen versöhnt auseinander.


Ich bin tief beeindruckt, als James seinen Bericht beendet hat und freue mich zu hören wie sehr die Gewaltfreie Kommunikation schon Einzug in den Köpfen gefunden hat und gelebt wird. Mit dieser Freude im Herzen starten wir unser Training mit zwölf Frauen und Männern. Die meisten von ihnen können weder lesen noch schreiben und sind auf Übersetzung angewiesen, die James und Herma leisten. Wir arbeiten am Unterschied zwischen Empathie und Sympathie, lassen sie Empathic Listening erleben und haben am Ende dankbare Teilnehmer/Innen. (Christiane Welk/ Aline Müller)

Empathie - der Schlüssel zum Verständnis meines Selbst und des anderen

Empathie bedeutet einen Kontakt herzustellen mit dem, was die andere Person gerade bewegt auf der Ebene der Gefühle und Bedürfnisse. Ich bin mit meiner ganzen Aufmerksamkeit (Präsenz) bei der anderen Person und begleite diese ein Stück in ihrer eigenen Welt.
Empathie = mit der ganzen Aufmerksamkeit beim anderen seinD. h. ich höre zu und versuche die hinter der „Geschichte“ liegenden Bedürfnisse zu erfahren. Bei dieser Form von Präsenz bleiben meine Welt und auch meine Bewertungen der Situation (ich muss ja keineswegs einverstanden sein mit dem, was der andere erzählt!) außen vor. Es geht um das Hören und Erfassen dessen, was im anderen lebendig ist. Darin liegt das Heilsame und Kostbare dieser Haltung und so wird Empathie zu einem Geschenk für den anderen.

Doch nicht nur für den/die andere/n – Empathie kann auch zu einem Geschenk für mich selbst werden. Denn ich kann mich selbst mit mir, meinen Gefühlen und Bedürfnissen verbinden und so für mich selbst herausfinden, welche Bedürfnisse hinter meinen Handlungen liegen. In den Kursen nutzen wir dazu meist den „Selbsteinfühlungstanz“ aus dem „Tanzparkett“, das Gina Laurie und Bridget Belgrave entwickelt haben.

Wann kann ich Empathie gebrauchen?

zum Beispiel

  • bei Ärger und Wut
  • Schuldgefühlen
  • Scham
  • Niederschlagenheit, Depression
  • Angst, Panik
  • Trauer
  • beim Hören von Kritik

Sympathie

Sympathie dagegen meint etwas anderes: Mit dem Hören der Geschichte des/der anderen werden bei mir z.B. Erinnerungen, Gedanken ähnlicher Erlebnisse wachgerufen, die ich dann mitteile. In manchen Situationen mag das durchaus hilfreich sein, doch es ist keine Empathie, denn ich bin mit meinen Gefühlen und Bedürfnissen bei mir und nicht beim anderen.

Andere Reaktionen, die ebenfalls keine Empathie sind: Ratschläge, Belehren, Erklären, Rechtfertigen, Ver- hören, Trösten, Analysieren, Ermutigen, Mitleid, Verstärken, Mechanische GFK, Argumentieren, Geschichten erzählen...

Eine Übung zur Empathie: Empathic Listening- Empathisches Zuhören

Zwei Menschen setzen sich zusammen, machen aus wer anfängt, seine Geschichte zu erzählen.


Diese(r) erzählt dann 5 Minuten lang, was ihn bewegt, womit er sich beschäftigt, was für ihn schwierig ist oder...


Der/die andere hört einfach nur zu, prägt sich das Gehörte ein, versucht zu verstehen, Bedürfnisse zu hören.


Nach 5 Minuten gibt er/sie das Gehörte wieder für 3-5 Minuten.


Anschließend versuchen beide die Bedürfnisse hinter dem Gehörten herauszufinden und nehmen sich dafür weitere 5 Minuten Zeit.


Danach ist dann der/die andere an der Reihe.


Wir haben diese Übung häufig in den Kursen praktiziert und immer wieder gehört, dass allein durch das Erzählen und Zuhören schon Erleichterung eingetreten ist und viele der dahinter liegenden Bedürfnisse geklärt werden konnten.

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