Wir können nicht nicht kommunizieren – doch wie wir es tun, das können wir beeinflussen. Wir können uns authentisch selbst ausdrücken und gleichzeitig die Verbindung zum anderen stärken, indem wir unser beider Bedürfnisse erkennen. Dabei helfen die Prinzipien, Mittel und Wege der Gewaltfreien Kommunikation. Sie unterstützen uns mit uns selbst und anderen wertschätzend und ehrlich zu kommunizieren.
Entwickelt wurde sie von Dr. Marshall Rosenberg in den 60-er Jahren auf der Basis der klientenzentrierten Psychotherapie und der Humanistischen Psychologie von Carl Rogers. Später kam das Konzept der universellen Bedürfnisse von Manfred Max-Neef hinzu, als Erklärung für menschliches Handeln.
Das Zusammenwirken dieser drei Konzepte unterstützt uns Menschen darin, mit uns selbst und anderen in eine einfühlsame Verbindung zu gehen. Alles, was wir Menschen tun, tun wir um uns Bedürfnisse zu erfüllen – auch wenn wir mitunter die gewählte Strategie nicht gutheißen können.
Gewaltfreie Kommunikation lädt dazu ein, mit sich selbst und anderen in eine liebevolle, annehmende Verbindung zu kommen und aus dieser Verbindung heraus entsprechend zu handeln.
Sie findet Anwendung in vielen Bereichen:
Alle Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe, welcher Herkunft, welcher Kultur haben dieselben Bedürfnisse.
Alles was wir tun, dient oder soll dazu dienen, diese Bedürfnisse zu erfüllen.
Es gibt viele Wege/Strategien, ein Bedürfnis zu erfüllen.
Manchmal geschieht dies auf eine Weise, die die Verbindung zum anderen unterbricht oder dem anderen sogar körperlichen Schaden zufügt.
Alles was wir tun, dient dazu, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Dieses anzuerkennen, heißt nicht, dass ich mit den Handlungsweisen des/der anderen einverstanden bin.
Die Erfüllung von Bedürfnissen ist nicht an eine bestimmte Person oder Handlung gebunden.
Die Ursache für unsere Gefühle sind die eigenen unerfüllten oder erfüllten Bedürfnisse.
Unsere Gefühle sind also ein Wegweiser zu erfüllten oder unerfüllten Bedürfnissen.
Die Gefühle können von Handlungen anderer ausgelöst, jedoch nicht verursacht werden.
Einfühlung/Empathie ist eine Haltung, in der ich mit mir oder einem anderen Menschen präsent bin. Sie ist für mich die Basis, um anderen einfühlend begegnen zu können.
Bei der Gewaltfreien Kommunikation geht es um Worte.
Bei der Gewaltfreien Kommunikation geht es NICHT um Worte,
es geht um die Haltung, das Bewusstsein.Marshall B. Rosenberg
Damit benennt Marshall Rosenberg zwei Aspekte der Gewaltfreien Kommunikation:
Beides kann sich gegenseitig bedingen.
Für mich ist es wichtig, nicht bei der Methode stehenzubleiben, da dann der Versuch gewaltfrei zu kommunizieren als künstlich oder mechanisch wahrgenommen wird und die Menschen diesen Versuchen mit Misstrauen und Unbehagen begegnen. („Hä, was will die denn von mir“ ; „Kann die nicht Klartext reden?“)
Spreche ich aus dem Bewusstsein heraus, dass der/die andere sich ein Bedürfnis erfüllen wollte, mit dem, was er/sie getan hat, ist es sehr viel eher möglich, dass ich eine Verbindung zum anderen herstellen kann.
Gleichzeitig kann ich die Mittel der GFK in der Mediation, dem Coaching
anwenden, denn als Mediatorin habe ich die Haltung und bin bereit, die anderen als Menschen zu sehen, die sich Bedürfnisse erfüllen möchten.
So ist das GFK – Bewusstsein von meiner Seite der entscheidende Aspekt der Gewaltfreien Kommunikation: Will ich Verbindung zum anderen herstellen oder will ich „es dem anderen zeigen, mich rächen, oder ihn zu etwas bringen?“
Ein anderer Aspekt, der jedoch nicht in meiner Macht liegt, betrifft den/die andere:
Was hört jemand oder wie versteht er/sie meine Handlung?
Ich erkenne meine Gefühle und Bedürfnisse, erkenne moralische Urteile über mich selbst und andere, überwinde sie und lege damit die Basis zur Kommunikation und Verbindung zu anderen.
Ich kann mich in andere einfühlen, indem ich mich mit seinen/ihren Beobachtungen, Gefühlen, Bedürfnissen und Bitten verbinde (ohne dass ich sie billigen muss) und mit ihnen nach Wegen suche, wie sie ihre Bedürfnisse erfüllen können.
Ich teile meine Beobachtungen, Gefühle und Bedürfnisse und Bitten mit und handle auf dieser Basis Lösungen aus. Die Intention dabei ist ebenfalls die Verbindung zum anderen zu leben.
In einem ersten Schritt teilen wir eine wertfreie Beobachtung mit. Häufig vermischen wir in der Alltagssprache eine Beobachtung mit einem moralischen Urteil, einer Diagnose oder einer Interpretation:
z.B.: „Immer bist du nicht da!“
Es passiert leicht, dass der/die andere eine solche Bemerkung als Vorwurf hört und sich verteidigen will oder gar sich Vorwürfe macht. Die Kommunikation und die Verbindung zum anderen bricht ab.
Bleibe ich bei der reinen Beobachtung, gibt es kein richtig oder falsch im Sinne einer moralischen Verurteilung. Es gibt Aussagen oder Handlungen, die mein Leben und das von anderen bereichern, es erfreulicher und leichter oder schwieriger machen.
Eine moralisch wertfreie Beobachtung kann diese sein:
„Gestern Abend warst du nicht zuhause“
Ich beziehe mich auf eine ganz konkrete Situation und verallgemeinere nicht.
In der ersten Aussage verallgemeinere ich durch das Wort „immer“
Ich kann jedoch nicht mit Sicherheit sagen, ob es tatsächlich „immer“ ist. Mit Sicherheit kann ich sagen, dass es gestern Abend der Fall war.
Verallgemeinerungen werden häufig als Vorwurf gehört und rufen Widerspruch, Verteidigung, Diskussionen und Auseinandersetzungen hervor. Es kommt zu Diskussionen, unter Umständen zu Gegenvorwürfen – was nicht Ziel führend ist.
Wichtig ist es, sich auf eine konkrete Situation zu beziehen.
Die höchste Form menschlicher Intelligenz ist die Fähigkeit, zu beobachten ohne zu bewerten.
Jiddu Krishnamurti
Im zweiten Schritt spüren wir in uns hinein. Was genau fühle ich, wo in meinem Körper ist das Gefühl präsent?
Bin ich traurig, weil mein Partner gestern Abend nicht zuhause war? Hätte ich den Abend gerne gemeinsam verbracht?
Oder war ich froh, dass ich den Abend alleine war? Habe ich Raum für mich gehabt?
Das Gewahr-werden meiner Gefühle führt mich zu dem dritten Schritt, dem Erspüren meiner Bedürfnisse.
Was brauchte ich in dieser Situation? Wünschte ich mir Verbindung oder Gemeinschaft oder Nähe und Zärtlichkeit?
Oder brauchte ich Ruhe, Erholung, Zeit für mich?
Wollte ich Verbindung, Gemeinschaft, hätte ich diese auch mit anderen Freunden haben können, ich wäre nicht auf den Partner angewiesen.
Ruhe, Erholung kann ich mir auch alleine erfüllen und eine Verbindung von beiden vielleicht durch einen Gang in die Sauna mit Freunden....
Die Erfüllung der Bedürfnisse ist nicht an eine bestimmte Person, einen bestimmten Ort, eine bestimmte Zeit, ein bestimmtes Objekt und/oder an eine bestimmte Handlung gebunden.
Daraus entsteht der vierte Schritt, die Bitte.
Ich kann eine Bitte an mich selbst richten oder an einen anderen Menschen. In der Gewaltfreien Kommunikation unterscheiden wir zwei Arten von Bitten:
Sie unterstützt uns dabei mit sich und anderen in Verbindung zu kommen, indem ich z.B. frage: „Was hast du von mir gehört?“ oder „Was ist bei dir angekommen“
Häufig hört er etwas Anderes als sie/ich ausdrücken wollte. Jetzt habe ich Gelegenheit, mein Anliegen etwas anders auszudrücken, um so verstanden zu werden, wie es mir wichtig ist. Dabei gilt ein Grundsatz: Der Empfänger bestimmt, was er hört und wie er es hört.“
Eine andere Form der Verbindungsbitte ist die Frage:
„Wie geht es dir jetzt mit dem, was du von mir gehört hast?“
Sie kann entweder der ersten Bitte folgen oder für sich alleine stehen.
Mit dieser Bitte bitte ich den/die andere oder mich, etwas zu tun.
Sie ist positiv - konkret – und jetzt machbar.
Jetzt machbar ist besonders wichtig, weil ich keine Versprechen für die Zukunft geben und zusichern kann, dass diese eingehalten werden.
Wenn es um die Zukunft geht, kann ich den/die andere fragen, wie geht es dir damit, wenn du dir diese Situation vorstellst?